Von Mathematik, älteren Lehrerinnen und Migranten – Teil 8

Von Mathematik, älteren Lehrerinnen und Migranten

Teil 8: Gute, weniger gute und schlechte Migranten

Im vorangegangenen Beitrag zur IQB-Studie 2012 haben wir die Migranten nach dem Zuwanderungsstatus differenziert (→ Teil 7). Nun differenzieren wir nach Herkunftsregionen.

In der Studie von 2012 waren für die Türkei, die ehemalige Sowjetunion, Polen und das ehemalige Jugoslawien ausreichend große Stichproben verfügbar. Diese wurde jeweils danach unterteilt, ob ein oder beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Mit der gleichen Unterteilung gab es die extrem heterogene Gruppe „Anderes Land“. Die nicht zuordenbaren Schüler wurden ohne Unterteilung der Gruppe „Nicht zuzuordnen“ zugeteilt. Diese Gruppen werden den Deutschen (ohne Zuwanderungshintergrund) gegenübergestellt.

In Tabelle 8.1 finden sich die Herkunftsgruppen, die Stichprobengröße (N), der Prozentsatze der gültigen Werte (%), der Mittelwert im Fach Mathematik (M), die Standardabweichung (SD) sowie das Maß der Effektstärke, Cohen’s d, für die standardisierte Mittelwertsdifferenz im Vergleich zu den Deutschen ohne Migrationshintergrund. Statistisch signifikante Unterschiede zur Vergleichsgruppe der Deutschen sind rot unterlegt.

N % M SD d
Deutsche 14166 58.7 521 97
Türkei 1 256 1.2 441 87 0.87
Türkei 2 683 3.3 435 86 0.94
Ex-Sowjetunion 1 120 0.5 529 92 –0.09
Ex-Sowjetunion 2 686 3.6 481 85 0.44
Polen 1 186 0.9 480 94 0.43
Polen 2 235 1.1 496 95 0.26
Ex-Jugoslawien 1 106 0.6 449 90 0.77
Ex-Jugoslawien 2 119 0.6 454 100 0.68
Anderes Land 1 1110 5.4 501 98 0.21
Anderes Land 2 988 4.3 467 101 0.54
Nicht zuzuordnen 6054 19.7 466 97 0.57
Tabelle 8.1: IQB 2012 Mathematik. Leistungen nach Herkunftsregion.
Ziffer hinter Herkunftsregion: Anzahl der im Ausland geborenen Eltern
N: Anzahl Schüler
%: gültige Prozent
M: Mittelwert
SD: Standardabweichung
d: Standardisierte Mittelwertsdifferenz – Cohen’s d – bezogen auf Schüler ohne Migrationshintergrund
Rot unterlegt: Signifikant schlechter als Schüler ohne Migrationshintergrund


Die rot unterlegten Felder zeigen: Mit Ausnahme der Schüler mit einem in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Elternteil schneiden alle Gruppen signifikant schlechter ab als die deutschen Schüler. Die Unterschiede sind zum Teil gigantisch.

  • Zur Erinnerung: Im Fach Mathematik liegt der Lernzuwachs in einem Schuljahr am Ende der Sekundarstufe I etwa bei 25 bis 30 Punkten.

Am schlechtesten schneidet die Türkei ab; dabei spielt es kaum eine Rolle, ob ein oder beide Elternteile in der Türkei geboren wurden. Der Abstand zu den Deutschen beträgt 80 bzw. 86 Punkte. Das entspricht einem Defizit von drei Schuljahren!

Schüler mit zwei in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Eltern zeigen ein Defizit von 40 Punkten; das entspricht einem Rückstand von etwa anderthalb Schuljahren. Demgegenüber zeigen Schüler mit nur einem in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Elternteil sogar einen leichten Vorteil gegenüber Deutschen; die Differenz von 9 Punkten ist aber statistisch bedeutungslos.

Polnischstämmige weisen einen Rückstand von etwa einem bis anderthalb Schuljahren auf.

Schüler mit der Herkunft aus dem ehemaligen Jugoslawien schneiden fast genauso schlecht ab wie türkischstämmige. Der Rückstand beträgt etwas weniger als drei Schuljahre. Wurden beide Eltern im Ausland geboren, schneiden die Schüler ein wenig besser ab.

Die Gruppe „Anderes Land“ hat eine extrem heterogene Zusammensetzung. Hier macht es einen Unterschied, ob ein oder beide Elternteile im Ausland geboren wurden. Wurden beide im Ausland geboren, beträgt der Rückstand mehr als zwei Jahre; wurde nur ein Elternteil im Ausland geboren, dann beträgt der Rückstand weniger als ein Jahr. Zur letzten Gruppe gehören insbesondere auch die Schüler mit einem deutschstämmigen und einem ausländischen Elternteil; hier handelt es sich also um „halbdeutsche Mischlinge“.

Die sehr große Gruppe „Nicht zuzuordnen“ weist mit Sicherheit ebenfalls eine extrem heterogene Zusammensetzung auf. Ihr Rückstand beträgt etwa zwei Schuljahre.

Die Unterschiede entsprechen genau dem, was aus der psychometrischen Intelligenzforschung seit Jahrzehnten bekannt ist und durch zahlreiche groß angelegte nationale und internationale Studien immer wieder bestätigt wurde. Die Türkei und die Länder des ehemaligen Jugoslawien sind Niedrig-Intelligenzländer (siehe → Geographie der Intelligenz und → Europäische Geographie der Intelligenz); dementsprechend ist zu erwarten, dass die Migranten aus dieser Region deutlich schlechter abschneiden als Deutsche. Polen und weite Teile der ehemaligen Sowjetunion zeigen ähnliche IQ-Werte wie Deutschland; dementsprechend sind die Differenzen deutlich geringer.

Im nächsten Beitrag werden wir die herausragende Bedeutung der Herkunftsregion aus einer anderen Perspektive vertiefen → Von Mathematik, älteren Lehrerinnen und Migranten. Teil 9: Migranten – Totalversager und Spitzenkräfte.

*

Quellen und Anmerkungen

(1) Hans Anand Pant, Petra Stanat, Ulrich Schroeders, Alexander Roppelt, Thilo Siegle, Claudia Pöhlmann (Hrsg.): IQB-Ländervergleich 2012 Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen am Ende der Sekundarstufe I. Münster: Waxmann Verlag GmbH, 2013.
Im Internet erhältlich unter https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/lv2012/Bericht

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Stichwörter:
Bildung, Mathematik, IQB, Bildungsstudie, Bundesland, Schulleistungen, 2012, Migranten, Migrationshintergrund, Türkei, Sowjetunion, Polen, Jugoslawien, Intelligenz

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3 Kommentare zu „Von Mathematik, älteren Lehrerinnen und Migranten – Teil 8

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