ACT und die Bildungsalchimisten
Am 7. September 2017 erschien auf der Website der Washington Post ein Artikel mit der Überschrift ‘We didn’t know it was this bad’: New ACT scores show huge achievement gaps (1).
Der ACT (American College Testing Program oder auch American College Test) ist ebenso wie der SAT (Scholastic Aptitude Test) ein Leistungstest, der in den USA als Aufnahmekriterium für ein College (Universität) genutzt wird.
2017 absolvierten 2.030.038 High-School-Absolventen den ACT-Test, das sind etwa 60 Prozent der Absolventen-Population. (2)
Die Aufregung der Washington Post richtet sich auf den folgenden Befund:
- Lediglich 9 Prozent der Schüler aus Familien mit geringem Einkommen (a), deren Eltern kein College besucht haben (b) und die zu den Schwarzen, den Hispanics, den Indianern oder den Pacific Islander gehören (c) zeigten die volle Hochschulreife – bei den Schülern, die keines dieser Merkmale aufwiesen, waren es hingegen 54 Prozent.
Niemand, der auch nur ein klein wenig Ahnung von der psychologischen Intelligenzforschung hat, wird von diesem Ergebnis überrascht sein. (a) Familien mit geringem Einkommen haben einen niedrigeren IQ. (b) Eltern, die kein College besucht haben, haben einen niedrigeren IQ. (c) Schwarze, Hispanics, Indianer und Pacific Islander haben einen niedrigen IQ.Menschen mit niedrigem IQ zeigen schlechtere Schulleistungen – so einfach ist das!
Für die sogenannten Bildungsexperten, die an die beliebige Formbarkeit des Menschen glauben, sieht das jedoch anders aus:
“That kind of shocked us,” ACT chief executive Marten Roorda said. “We knew it was bad, but we didn’t know it was this bad” … Roorda lamented that these gaps have persisted despite efforts to improve schools under the banners of No Child Left Behind, Race to the Top and other national initiatives. “You could argue that those investments should have made a clearer difference,” he said, “and that’s not what we’re seeing.”
Ja, so ist das: Da werden seit Jahrzehnten Milliarden und Abermilliarden in Bildungsprogramme gepumpt, die sich als völlig nutzlos erweisen.
Für die Fantasten, die an die beliebige Formbarkeit des Menschen glauben, sieht die logische Konsequenz aus dem Desaster so aus:
Natasha Ushomirsky, a policy development director for the Education Trust, … said achievement gaps reflect long-standing disparities in the quality of teachers, rigor of curriculum and degree of academic support available to poor and minority children … States and schools, she said, must redouble efforts to narrow and eliminate achievement gaps.
Wenn Hunderte Milliarden seit Jahrzehnten nicht die geringste Wirkung gezeigt haben, dann müssen halt noch viel mehr Milliarden in dieselben sinnlosen Programme gepumpt werden.
Die Alchimisten – genauer: die Alchimisten, die uns durch das allgemein verbreitete Klischee präsentiert werden – versuchten unbeirrt, aus Dreck Gold zu machen. Die modernen Bildungsalchimisten glauben an die beliebige Formbarkeit des Menschen.
“There’s a lot of power in communicating the expectation that all students can achieve at high levels,” Ushomirsky said.
Ja, so einfach ist das: Man muss den Menschen nur sagen, dass sie alles erreichen können, und schwuppdiwupp ist jeder ein Genie. Allerdings muss man nebenbei auch ein paar Tausend Milliarden in das „Bildungs“system pumpen.
In folgenden Beiträgen werde ich die Bildungsalchimisten ihrer antifaktischen Fantasiewelt überlassen und einige Befunde aus der ACT-Studie näher betrachten.
Fortsetzung: → ACT – Hochschulreife in den USA
Quellen und Anmerkungen
(1) ‘We didn’t know it was this bad’: New ACT scores show huge achievement gaps. Washington Post, 07. September 2017.
(2) The Condition of College & Career Readiness 2017. National ACT.
(3) Das Bild „Die Erzeugung des Homunculus in Goethes Faust II“ (Darstellung aus dem 19. Jahrhundert) ist gemeinfrei. Hinweise zur Nutzung siehe → https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Homunculus_Faust.jpg
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Stichwörter:
Bildung, Intelligenz, IQ, ACT, Bildungsalchimisten, Schulleistungen, Washington Post
Ein Kommentar zu „ACT und die Bildungsalchimisten“